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Heiliges Leben
Spurensuche zum Himmelreich
Wo ist Gott? Die Frage bricht nicht nur dann heraus, wenn man sich den Zustand unserer Welt anschaut. Sie drängt sich schon dort auf, wo nichts Besonderes im Leben passiert. Müsste Gott nicht eigentlich viel öfter außergewöhnlich auftauchen? Stattdessen scheint der eigene Glaube in der Masse an Alltag unterzugehen.
Was aber, wenn schon dieses ganz normale Leben ein heiliges ist? Was, wenn der "Himmel auf Erden" mehr ist als nur ein Sprichwort?
Sebastian Rink geht in der Bergpredigt auf Spurensuche zum Himmelreich. Er durchforstet die Jesusrede nach dem Heiligen im Leben und findet manch Himmlisches mitten im Alltag.
Rezension von Pastor Helmut Schwarze, Hamburg
Da die Bergpredigt zum Repertoire meiner Rezitationen gehört, war ich an einer inhaltlichen Beschäftigung mit diesen Texten sehr interessiert. Den Hinweis auf das hier rezensierte Buch habe ich deshalb dankbar angenommen. Als Baptistenpastor im Ruhestand war ich neugierig, was ein jüngerer Kollege aus dem Bund Freier Evangelischer Gemeinden zu diesem Thema sagen/schreiben würde.
Das Buch HEILIGES LEBEN ist für mich interessant, lehrreich, nachdenkenswert und inspirierend. Es ist ein theologisches Buch in Umgangssprache geschrieben; verständlich, salopp, manchmal derb formuliert. Dadurch liest es sich leicht, ohne an Tiefgang zu verlieren. Ich selbst habe neue Erkenntnisse und Einsichten gewonnen und auf manche Frage eine Antwort gefunden. Allerdings habe ich auch selten in einem Buch so viele Fragezeichen an den Textrand gemalt. Ich kam auf ca. 30!
Sicher hängt das damit zusammen, dass der Autor bewusst irritieren und provozieren möchte. Neues denken! Gewohnte Bahnen verlassen! Traditionen kritisch hinterfragen! Das finde ich gut. Allerdings hat er sich für eine einseitige, aber in sich stimmige Auslegung entschieden. Die Bergpredigt wird konsequent immanent interpretiert, bleibt deshalb stets enorm lebensnah. Himmel und Hölle, ein Leben nach dem Tod und ein Gericht, werden uninteressant. Zwar gibt es den Hinweis, dass Jesus wohl mit einem baldigen Weltende gerechnet hat. Aber die endzeitliche Dimension wird konsequent ausgeblendet. In einem eschatologischen Defizit bei der Auslegung liegt für mich das Hauptmanko.
Das kann man sich aber leisten, wenn man der Überzeugung ist, dass bei der Bergpredigt nicht letztentscheidend ist, wer hier spricht, sondern was hier gesagt wird. Überhaupt ist es dem Autor wichtig, jedes Alleinstellungsmerkmal als unzutreffend zu entlarven. Und so wird die Bibel ein Buch wie andere Standardwerke der Religionen auch. Jesus ist ein Rabbi, der Bergprediger, ein besonderer Mensch, wie es auch andere gibt. Christentum ist eine Religion unter vielen. Entscheidung für Jesus, Bekehrung, Taufe, Gemeinde: alles zweitrangig. Da spüre ich den Kampf gegen eine evangelikale Vergangenheit. Das Buch ist ein Befreiungsschlag!
Herausragend bleibt für mich die konsequente Auslegung und Anwendung auf die Hinwendung zum Nächsten, besonders zu den Armen, den Ausgegrenzten, den Gescheiterten. Dazu zwei Zitate, die ich uneingeschränkt teile:
Glaube ist die Wette, dass das Leben im Tun des Göttlichen aufblüht. Und: Ich kann mich nicht auf Jesus berufen, ohne die Lebensbedrüfnisse von Menschen wahr- und ernstzunehmen. (beide S. 229)
Für mich selbst geht es bei der Auslegung der Bergpredigt nicht nur um den Urtext und die exegetische Arbeit, nicht nur um Verständnis- und Auslegungsfragen. Für mich ist der auferstandene Christus der Gegenwärtige. Ich kann mit Ihm über seine Rede sprechen. Er kann mit mir über seine Rede sprechen. Während meiner Ausbildungszeit (1968-1973) wurden uns zehn verschiedene Interpretationen der Bergpredigt vorgestellt. Und es gab/gibt viele mehr. Für mich bleibt das Gebet, das Gespräch mit Jesus, genauso wie der Dialog mit Menschen, wegweisend für mein Leben mit der Bergpredigt. Und irgendwie bin ich der Überzeugung: Die Bergpredigt bleibt nur wahr, wenn sie anstößig bleibt!
Helmut Schwarze
05.06.2023